Themen: Sorbisches / Wendisches Sprachlabor

Im Sorbischen / Wendischen Sprachlabor werden anhand zahlreicher Sprach-, Text-, Lied- und Bildbeispielen Bedeutung, Wertigkeit, Besonderheiten und die breite Anwendung der
sorbischen /wendischen (im Weiteren sorbisch bzw. Sorben) Sprache vermittelt.
Spielerisch lädt ein Grundkurs zum Erlernen einiger sorbischer Alltagswörter ein.
Im Sprachlabor geht es darum, auf folgende Fragen zu antworten:

- Welche Bedeutung hat die Sprache für die sorbische Identität?
- Wie verlief die historische Sprachentwicklung?
- Warum ist die sorbische Sprache heute akut bedroht?
- Welche Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Vermischungen lassen sich zu anderen Sprachen aufzeigen?
- Welche Dialekte lassen sich regional unterscheiden?
- Wie wird die Sprache heutzutage vermittelt und genutzt?
- Welchen Stellenwert hat die Sprache im heutigen Kultur-, Kirchen- und Alltagsleben?


Überblick sorbische Sprache

Für die Sorben ist die Sprache ein wichtiges, wenngleich nicht einziges Merkmal ihrer Identität. Die sorbische Sprache gliedert sich auf in zwei eng verwandte Schrift- und Umgangssprachen (obersorbisch, niedersorbisch). Beide Sprachen weisen zudem eine Vielzahl von regionalen und lokalen Dialekten auf. Alle Versuche, eine gemeinsame Sprache zu schaffen, sind aus verschiedensten Gründen gescheitert. Der Großteil der Sorben ist heute de facto zweisprachig. Sie sprechen je nach Situation und Möglichkeit entweder sorbisch oder deutsch.

Das Sorbische gehört zur Gruppe der westslawischen Sprachen innerhalb der slawischen Sprachfamilie. Neben wesentlichen Unterschieden in Grammatik und Wortschatz gibt es viele Gemeinsamkeiten zu anderen westslawischen Sprachen, die ein gegenseitiges Verstehen begünstigen bzw. ermöglichen. Das Obersorbische ist bsw. dem Tschechischen sehr ähnlich, während das Niedersorbische dem Polnischen und Slowakischen nahe steht.
Nach der Reformation erhielt die sorbische Sprache erstmals ihre verschiedenen schriftlichen Formen, die sich zunächst im kirchlichen Schrifttum, später in der weltlichen Literatur manifestierten.

Im Verlauf der Geschichte wurde die sorbische Sprache jedoch beständig zurückgedrängt. Unter den verschiedenen Herrschafts- und politischen Systemen waren die
Sorben immer wieder Opfer von Germanisierung- und Unterdrückungsbestrebungen der Herrschenden.
Dabei zielten die Repressionen - neben anderen – vor allem gegen die Sprache. Die sorbische Sprache wurde – von Ausnahmen abgesehen – vielfach verboten, unterdrückt, verdrängt und zielstrebig ausgemerzt.
Dies und andere bedeutende Faktoren (z.B. Assimilierung) führten dazu, dass der sorbische Sprachraum und die Zahl der Sprecher über die Jahrhunderte ständig abgenommen haben. Diese Tendenz hält bis heute bedauerlicherweise an, so dass die Sprache z.T. nur noch passiv erlebt wird und daher stark gefährdet ist.


Informationstafel des Witaj- Sprachzentrums.

Auch international viel beachtet: Das Witaj- Projekt zum Erhalt und zur Entwicklung der sorbischen Sprache.
Fotograf: Horst Adam

Revitalisierung und Sprachvermittlung

Schätzungen gehen davon aus, dass heute noch etwa zwei Drittel aller ca. 60.000 Sorben die Sprache aktiv bzw. passiv beherrschen. Seit einigen Jahren bemüht man sich daher um eine zielgerichtete Wiederbelebung der Sprache.
Die Zukunft der sorbischen Sprache hängt – wie bei allen kleinen und bedrohten Sprachen – davon ab, wie sie der jungen Generation übermittelt wird, wie sich Kinder und Jugendliche die Sprache aneignen und nutzen.

Da die Sprache besonders in der Niederlausitz nur noch in Einzelfällen durch das Elternhaus weitergegeben wird, haben heute Kindertagesstätten und Schulen diese Aufgabe übernommen. Besonders hervorzuheben ist das sog. Witaj- Projekt. Hier werden die Kinder in Kindertagsstätten schon in den ersten Lebensjahren intensiv mit der sorbischen Sprache vertraut gemacht. Das Witaj- Projekt wird in den Grund- und weiterführenden Schulen mit einem bilingualen, d.h. zweisprachigen Unterricht fortgesetzt.
Zwei sorbische Gymnasien in Cottbus und Bautzen bieten die Möglichkeit, die erworbenen Sprachkenntnisse zu erweitern bzw. zu vervollständigen, ein anschließendes Studium der Sorabistik ist an der Universität Leipzig möglich.


Titel der CD: Wiege meiner Kindheit, Titelbild: ein tanzendes Trachtenmädchen

CD des Niedersorbischen Kinderchors.
Fotograf: Stiftung für das Sorbische Volk

Sorbisch im heutigen kulturellen und kirchlichen Leben

Im kulturellen Leben besitzt die sorbische Sprache eine lange Tradition und findet nach wie vor breite Anwendung in Literatur, Kunst und den Medien.
Die Literatur in sorbischer Sprache ist umfangreich und spiegelt sich v.a. in Erzählungen, Romanen aber auch in der Dichtung wieder. Eine Tageszeitung, eine Wochenzeitung und verschiedene Zeitschriften erscheinen in sorbischer Sprache und der eigene Domowina-Verlag in Bautzen publiziert sorbische Literatur.
Theater in sorbischer Sprache spielt nicht nur das professionelle Deutsch-Sorbische Volkstheater in Bautzen, sondern auch mehrere Laientheatergruppen in der Ober- und Niederlausitz.
Im Bereich der Musik gibt es sowohl klassische Musik, Volks- und Kinderlieder in sorbischer Sprache als auch zeitgenössische Popmusik.

Auch im Hörfunk hat das Sorbische seit den 50er Jahren des 20.Jh. einen festen Platz. Im RBB und MDR werden heute täglich Rundfunksendungen zwischen einer und drei Stunden in sorbischer Sprache ausgestrahlt. Im Bereich des Fernsehens senden der RBB und der MDR je ein monatliches Magazin in sorbischer Sprache, wobei beide Programme ebenso wie beim Rundfunk sowohl im Land Brandenburg als auch in Sachsen und darüber hinaus gesehen und gehört werden können.
Einen wichtigen Beitrag zu Pflege und Erhalt der sorbischen Sprache leistet das kirchliche Leben. Besonders im heutigen katholischen Gebiet der Oberlausitz ist das gesamte kirchliche Leben vorwiegend sorbisch. Aber auch in der überwiegend evangelisch geprägten Niederlausitz finden regelmäßig Gottesdienste statt, auf denen sorbisch gepredigt, gebetet und gesungen wird.